Das Polynesian Tattoo – Traditionelle Körperkunst
Heute sind Tattoos Ausdruck der eigenen Persönlichkeit und Individualität. Doch Tätowierungen sind keine moderne Erfindung; ihr Ursprung geht tausende von Jahren zurück. Interessant ist, dass sich die Kunst des Tätowierens bei vielen unterschiedlichen Völkern auf dem gesamten Erdball unabhängig von einander entwickelt und verbreitet hat.
Auch bei den Völkern Polynesiens haben Tätowierungen Tradition und reichen über 2000 Jahre zurück. Die komplexen Motiven erfreuen sich heute immer größerer Beliebtheit und sind unter zahlreichen Tattooliebhabern verbreitet.
Herkunft
Die geografische Region Polynesien ist Teil Ozeaniens und umfasst über 1000 Inseln und Inselgruppe zwischen den Hawaii-Inseln (USA) im Norden, der Osterinsel (Chile) im Südosten und Neuseeland im Südwesten. Dieses Gebiet wird auch als “polynesisches Dreieck” bezeichnet. Die polynesische Kultur setzt sich daher aus den verschiedenen indigenen Völkern dieser Region zusammen; dazu gehören Marquesaner, Samoaner, Niueaner, Tonganer, Cook-Insulaner, Hawaiianer, Tahitianer und Maori. All diese Völker verbinden gemeinsame kulturelle Werte und Denkweisen wie Sprache, Kultur und Religion.
Kunst hatte im Leben der Polynesier eine enorme Wichtigkeit. Da ihnen keine Schrift bekannt war, hielten sie ihre Geschichte mit Malereien und Schnitzereien fest und gaben sie so weiter. Eine weitere wichtige Kunstform der Polynesier waren Tätowierungen. Die Muster (in den meisten Fällen Spiralen oder muschelähnliche Formen) wurde mit Hammer und Schlegel ins Fleisch gestoßen und anschließend mit frischem Ruß eingerieben. Allerdings war diese Art des kreativen Schaffens Großteils nur Männer vorbehalten. Weben war die einzige Form der Kunstausübung, der Frauen nachgehen durften.
Auch das Wort “Tattoo” hat seinen Ursprung in Polynesien. Die Marquesaner nannten ihre Hautverzierungen tatu und die Samoaner, Tonganer und Tahitianer tatau, was so viel wie “richtig, fachmännisch” bedeutet. Der englische Seefahrer und Entdecker James Cook brachte dieses Wort im 18. Jahrhundert nach Europa, wo es sich anschließend verbreitete.
Bedeutung
Bei den Polynesiern waren Tätowierungen Ausdruck der eignen Identität und Persönlichkeit. In ihnen spiegelten sich der gesellschaftliche Rang einer Person wieder, aber auch die sexuelle Reife und Herkunft. In puncto Bedeutung spielte bei den Polynesiern nicht nur das Motiv an sich eine Rolle, sondern auch die Körperstelle, die tätowiert wurde. So gibt es bei polynesischen Tattoos ein paar Elemente, die etwas anderes bedeuten können, je nachdem an welcher Körperstelle sie sich befinden.
Der Oberkörper steht in diesem Zusammenhang für die spirituelle Welt und den Himmel und der Unterkörper für irdische Welt. Tattoos auf der Hinterseite des Körpers symbolisieren die Vergangenheit und auf der Vorderseite die Zukunft. Außerdem steht links für das Weibliche und rechts für das Männliche. Tattoos auf dem Kopf werden mit Spiritualität, Intuition, Wissen und Weisheit verbunden. Auf dem Oberkörper stehen Tattoos für Großzügigkeit, Aufrichtigkeit, Ehre und Versöhnung; auf dem Unterkörper für Lebensenergie, Tapferkeit, Unabhängigkeit und Sexualität. Auf dem Oberarm und den Schultern bedeuten Tattoos Stärke und Mut, auf dem Unterarm und den Händen Kreativität und handwerkliches Schaffen.
Genau wie die verschiedenen tätowierten Körperstellen sind auch die Motive polynesischer Tattoos vielfältig. Das Enata-Symbol, zum Beispiel, kann für Männer, Frauen und Götter stehen und einzeln oder als wiederholendes Muster tätowiert sein. Haifischzähne repräsentieren Schutz, Führung und Stärke, aber auch Wildheit. Speerspitzen werden mit Kriegern assoziiert und können, beispielsweise, Stiche von Tieren symbolisieren. Der Ozean spielt eine zentrale Rolle im Leben der Polynesier. Da die Menschen den Großteil ihrer Nahrung aus dem Meer beziehen, sehen sie es als ihre zweite Heimat und auch als letztes Ziel nach ihrem Tod. Deswegen stehen Meeres-Tattoos auch für den Tod und das Leben danach. Aus diesem Grund spielen auch die verschiedenen Meeresbewohner eine wichtige Rolle. In der polynesischen Religion begleiten Schildkröten die Verstorbenen auf ihrer letzten Reise; als Tattoo symbolisieren sie Gesundheit, Fruchtbarkeit und ein langes Leben. Ein weiterer Meeresbewohner, der Stachelrochen, steht für Schutz, Friedlichkeit, Schnelligkeit, aber auch Gefahr. Das Tiki-Symbol repräsentiert menschenähnliche Figuren, die Halbgötter darstellen. Es kann aber auch für verstorbene Vorfahren, Priester und Anführer stehen, die nach ihrem Tod zu Halbgöttern wurden. Eidechsen sind wichtige Figuren in der polynesischen Mythologie, die Glück bringen sollen und als Sprachrohr zwischen den Menschen und den Göttern dienen, aber respektlosen Menschen auch den Tod bringen können.
Warum ein Polynesian Tattoo?
Polynesian Tattoos sind perfekt für Menschen, die die traditionelle Symbolik der polynesischen Völker schätzen und sich mit dieser identifizieren können. Um das richtige Motiv für sich zu finden, sollte eine gründliche Recherche dem Tätowieren vorausgehen. Ist das richtige Symbol einmal gefunden, wird es seinem Träger ein Leben lang Freude bereiten und ihn mit der polynesischen Tradition verbinden. Polynesian Tattoos sind auch für jeden und jede Körperstelle geeignet; für einen Mann, für eine Frau, auf dem Arm oder woanders – in der polynesischen Körperkunst ist Vieles möglich. Zahlreiche traditionelle Vorlagen bieten den Menschen auch heute noch die Möglichkeit sich über ihre Tattoos auszudrücken und ihrer Individualität Ausdruck zu verleihen.