Flesh Tunnel – Ein Modetrend, der Löcher hinterlässt
Was ist ein Flesh Tunnel?
Bei einem sogenannten Flesh Tunnel (frei auf Deutsch übersetzt Fleischtunnel) handelt es sich um einen speziellen Piercingschmuck, der in den meisten Fällen aus Edelstahl, Titan, Horn oder auch aus Titan gefertigt wird.
Er wird in ein zuvor gedehntes Loch eingesetzt und bildet einen offenen Kanal. Flesh Tunnel sind in vielen unterschiedlichen Ausführungen und Größen in Millimeterschritten erhältlich und können an verschiedenen Körperstellen eingesetzt werden. Sehr beliebt ist hierbei das Ohrläppchen, weil dieses sich sehr gut dehnen lässt. Neben zweiteiligen Ausführungen mit Schraubgewinde sind auch noch sogenannte Tubes erhältlich, die mithilfe von O-Ringen geschlossen werden können.
Geschichtlicher Hintergrund
Es wird vermutet, dass hinter dem Flesh Tunnel eine jahrtausende alte Tradition steckt. Das zeigen auch die folgenden Beispiele, die ihrerseits bereits geweitete Ohrlöcher hatten:
- Buddha (563 – 483 vor Christus)
- Ötzi (3300 – 3255 vor Christus)
- Tutanchamun (1341 – 1321 vor Christus)
Dazu kommen auch noch die sogenannten Moai-Statuen auf den Osterinseln, die zwischen 1.400 und 1.600 nach Christus errichtet wurden. Fakt ist, dass viele Urvölker schon vor vielen Jahren das Dehnen von Piercings durchführten und auch heute noch praktizieren.
Wie funktioniert das Dehnen und wie werden Flesh Tunnel eingesetzt?
Um einen Flesh Tunnel einsetzen zu können, wird erst das Ohrloch gedehnt. Letzteres besteht aus Haut, Fett und auch aus einem sehr robusten aber dennoch auch dehnbaren Bindegewebe, also komplett nur aus verschiedenen Weichteilen. Grundsätzlich ist es wichtig, dass beim Dehnen langsam vorgegangen wird. So sollte ein normales Ohrloch mit einem sogenannten Dehnungsstab aus Titan beziehungsweise Holz nur rund einen Millimeter monatlich geweitet werden. Um die gewünschte Größe zu erreichen, muss dieser Vorgang immer wieder wiederholt werden. Auf diese Weise lässt sich das Ohrloch bis zu sieben Zentimeter und teilweise sogar noch mehr dehnen.
Wird dabei zu schnell vorgegangen und zu stark geweitet, kann es passieren, dass die Haut außen zu dünn wird und dadurch Durchblutungsstörungen entstehen. Es kann auch nicht sicher ausgeschlossen werden, dass das Ohrläppchen dabei nicht reißt. Dieses Risiko besteht immer, vor allem dann, wenn das Loch nicht exakt mittig gesetzt wurde. Wenn es zu einem unschönen Vorfall kommt, sollte zwingend sofort ein Arzt aufgesucht werden. Wird die Wunde schnell medizinisch versorgt, kann es sein, dass das Ohrloch nach einiger Zeit wieder verheilt.
Bei dem Flesh Tunnel wird dagegen ein so großes Loch erzeugt, das dies nicht mehr möglich ist. Darüber hinaus haben die Enden bei einem schmerzhaften Riss nicht mehr wie vorher Kontakt, sodass ein Zusammenwachsen kaum von alleine möglich ist.
Formen und Größen des Flesh Tunnels
Wie bereits erwähnt, ist dieser Modetrend in vielen verschiedenen Ausführungen und Größen erhältlich. Kleine Modelle haben einen Durchmesser von 1,6 Millimeter und sehr große Ausführungen bis zu 70 Millimeter und noch mehr. Sie können aus diversen Materialien bestehen wie zum Beispiel aus Metall, Holz, Horn, Glas, Kunststoff, Silikon oder auch aus Titan. Zudem sind Flesh Tunnel in unzähligen Farben und Designs erhältlich. Dadurch kann der Schmuckträger immer Mal wieder etwas Neues ausprobieren.
Sehr beliebt ist zur Zeit der sogenannte Double Flared Tunnel, da dieser nur einen sehr dünnen Rand hat und ohne Gewinde auskommt.
Wie weit zieht sich das gedehnte Loch zusammen?
Wenn ein Loch gestochen und dann gedehnt wurde, kann es sich nur lediglich 12 Millimeter wieder zusammenziehen. Dadurch ist es optisch recht unauffällig. Soll ein bereits wieder verheilter Stichkanal entfernt werden, ist zumeist eine Operation notwendig. Bei sehr großen Durchmessern wird dabei ein Gewebeersatz wie etwa aus der sogenannten Halsgrube in die Wunde transplantiert. Anschließend sollte dieses dann aber zusätzlich auch noch mit Eigenfett unterfüttert werden, das zum Beispiel vom Bauch entnommen werden kann.
Welche Risiken bringt das Einbringen eines Flesh Tunnels?
Das gezielte Weiten eines Ohrlochs erzeugt eine Spannung auf das Ohr und strapaziert dieses sehr stark. Das kann durchaus einige Risiken und Gefahren mit sich bringen. Diese sollten einem bekannt sein, bevor ein solcher Eingriff durchgeführt wird und werden daher nun aufgelistet:
- die Haut wird sehr beansprucht und eventuell auch beschädigt
- der Eingriff hinterlässt Spuren und die Haut wird nie mehr ganz die alte Form annehmen
- das Kollagen im Bindegewebe wird beschädigt
- gedehnte Ohrlöcher sind deutlich anfälliger für Infektionen und Bakterien, denn die Haut ist dann deutlich dünner und damit auch durchlässiger
- bein Dehnen kann das Ohrläppchen einreißen
- es können Entzündungen entstehen, die im schlimmsten Fall auch eine Blutvergiftung erzeugen
- die Lymphknoten können durch eine Entzündung anschwellen
- wenn das Ohrloch zu schnell gedehnt wird, können Gewebeschäden und unschöne Deformationen entstehen
Zudem besteht wie bei vielen anderen Piercings auch eine gewisse Suchtgefahr. Dadurch werden immer mehr und immer größere Flesh Tunnel gelegt, was zum einen recht teuer ist und zudem auch das Ohr und die Haut immer mehr strapaziert.
Was kann ich tun, wenn der Flesh Tunnel eitert?
Dass ein Piercing nach dem Einsetzen ein wenig nachblutet ist ganz normal. Sollte die Haut aber nach einigen Tagen sehr rot werden oder sogar eitern, stimmt sehr wahrscheinlich etwas nicht. Daher sollte in einem solchen Fall der Piercer erneut aufgesucht werden. Dieser wird wissen, was passiert ist und kann die entsprechenden Maßnahmen einleiten. Ist auch er ratlos, sollte ein Arzt aufgesucht werden.